Körperdysmorphe Störung - Dysmorphophobie (KDS)

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Eine körperdysmorphe Störung ist ein psychisches Problem, das oft bzw. meistens bereits zum ersten Mal in der Pubertät auftritt, wenn der eigene Körper im Vergleich zu anderen (z.B. Vorbilder) hinterfragt wird, was auch und insbesondere aufgrund äußerer Einflüsse (Feedback) erfolgt.

 

Ob es ihnen von anderen eingeredet wird oder aus eigenständigen Vergleichen und Annahmen heraus entsteht: Die Betroffenen empfinden an ihrem Körper Schönheitsmakel, obwohl objektiv keine Makel vorhanden sind.

 

Kurzum: Die Wahrnehmung des eigenen Körpers ist fehlerhaft. Das kann zu ernsten Konsequenzen führen.

 

Letztendlich geht es bei der körperdysmorphen Störung um eine falsche Wahrnehmung von sich selbst. Bei Erwachsenen reichen die Ursachen für eine Körperdysmorphie bis in die Kindheit zurück.

 

Ursächlich kann Mobbing sein aber auch Eltern, die jeden Konflikt vermeiden und die Kinder überbehüten. Umgekehrt kann es auch sein, dass die Kinder nicht als Individuum wahrgenommen, immer kritisiert werden oder nur für ihr Aussehen und nicht für ihre Persönlichkeit gelobt werden.

 

Die Selbstwahrnehmung der Betroffenen verzerrt sich. Aus den unterschiedlichsten Gründen und auf Basis der unterschiedlichsten o.g. Einflüsse heraus streben sie danach, unerreichbare Schönheitsideale zu erreichen, was auch auf einer Spaltung von - auf Erfahrungen basierenden - Persönlichkeitsanteilen basieren kann.

 

 

Neben dem sozialen Einfluss bzw. dem sozialen Umfeld spielt bei einigen Menschen auch die Produktion von Serotonin eine Rolle z.B. dann, wenn sich aufgrund von andauerndem Distress (z.B. durch Mobbing) der Gehirnstoffwechsel verstellt hat. Dem wird behandlungstechnisch mit Serotonin und selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern entgegnet. 

 

Weitere Infos und Hintergründe zum Thema

Bei der Körperdysmorphen Störung, kurz KDS, auch Dysmorphophobie oder Entstellungssyndrom genannt (englisch Body Dysmorphic Disorder), handelt es sich um eine Missgestaltsfurcht bzw. Körperbildstörung (Body Image Disturbance) bzw. um eine vermeintliche bzw. phantastisch angenommene Körperentstellung, die sich die Betroffenen einreden bzw. einbilden.

 

Die Störung wird auch als Thersites-Komplex bezeichnet. Die Bezeichnung Dysmorphophobie entstammt dem Griechischen: "dys" = un-, miss- zuzüglich "morphe" = Gestalt, äußere Erscheinung plus "phobios" = Furcht, Angst, Scheu).

 

Bei dieser Störung, die in einem Zusammenhang mit dem "body image" besteht, liegt eine exzessive Beschäftigung mit einem vermuteten Mangel oder einer vermuteten Entstellung im körperlichen Aussehen vor.

 

Die Störung ist eingebildet und zugleich eine Art der Hypochondrie (eingebildete Krankheit), denn die Sorge der betroffenen Personen ist deutlich übertrieben. Dennoch ist die körperdysmorphe Störung nicht mit Hypochondrie zu verwechseln.

 

Tatsächlich gibt es Menschen, die sich nicht gerne sehen oder sich nicht mehr ertragen können weil sie - ihrer subjektiven Auffassung nach - eine für sie unerträgliche - vermeintliche körperliche „Entstellung" aufweisen. Die Betroffenen erleben sich oder irgendetwas an ihrem Körper als hässlich oder abstoßend, obgleich sie in den Augen anderer - objektiv betrachtet - zumeist unauffällig aussehen.

 

Alternativ empfinden die Betroffenen bereits leichte körperliche Merkmale oder Veränderungen oder markante Körper-Partien als Anomalität, die sie nicht ertragen - und als unangenehm oder peinlich empfinden. Davon sind sie unbeirrbar überzeugt, selbst wenn andere ihnen versichern, dass die betreffende Körperpartie unauffällig oder sogar interessant und schön ist. Obgleich andere das nicht bestätigen können, glauben diese Menschen an den vermeintlichen "Makel", der sie sehr stört, unglücklich stimmt und gedanklich nicht zur Ruhe kommen lässt.

 

Viele bekommen so etwas aber auch nur eingeredet und glauben daran. Auch dies kann letztendlich zu einer krankhaften Einstellung mit ggf. sozialen und beruflichen Beeinträchtigungen führen. Darüber hinaus kann die Störung hohe Kosten verursachen. Denn oft kreist das gesamte Denken und Handeln der Betroffenen nur noch um das vermeintliche Problem bzw. eine konkrete Problemzone bis schließlich nur noch kosmetische Behandlungen (z.B. Lippenaufspritzung), plastische Operationen (z.B. Nasen-"Korrektur") und Mischformen (z.B. Fettabsaugung) vermeintliche Hilfe versprechen. 

 

Doch was da "aufgefüllt", "abgesaugt", "korrigiert" oder "weg- bzw. hinzuoperiert" ist, ist im psychologischen Sinne lediglich das, was bei der eigenen Person im Inneren "fehlt", "zu viel ist" oder als "falsch" empfunden wird (z.B. Selbstwert-Problematik , fehlendes Selbstvertrauen, Gewissensbisse, Ängste usw). Daraus kann wiederum eine regelrechte Zwangsstörung entstehen.    

 

Das eigentliche (innere bzw. seelische oder psychische) Problem wird durch die entsprechenden (äußerlichen ) Behandlungen und Eingriffe aber nicht gelöst, so dass einer ersten Schönheits-Behandlung oder -OP nachfolgend zumeist weitere Behandlungen und Operationen folgen (siehe: Zwangsstörung). Diese vielzähligen (unsinnigen) Eingriffe in den Körper führen letztendlich zu realen Verstümmelungen und Entstellungen, mit denen sich die Betroffenen letztendlich dann tatsächlich zum Gespött oder Grauen von Menschen machen, die nicht wissen, dass eine schwere Störung für die Verstümmelungen und Entstellungen ursächlich ist.

    

Tatsächlich handelt es sich bei der Körperdysmorphen Störung nicht um einen körperlichen Makel, sondern um ein unverarbeitetes seelisches Problem. Wie bei anderen ähnlichen psychischen Störungen meiden die Betroffenen in der Regel genau das, was Ihnen helfen könnte: Den Rat eines Psychiaters oder Psychologen. Stattdessen geben die Betroffenen Unsummen für kosmetische "Schönheits"-Behandlungen, die Plastische Chirurgie und Ähnliches aus.

 

Weil sie Psychiater und Psychologen, die eine zutreffende Diagnose stellen könnten, meiden - und stattdessen Plastische Chirurgen, Dermatologen, Kosmetiker sowie Zahnärzte und Kieferchirurgen aufsuchen, wird das Krankheitsbild selten erkannt und tritt daher folglich als Krankheitsbild ebenso selten offiziell in Erscheinung wie viele andere Störungen, bei denen die Einsicht in die Problematik bzw. das Störungsbild fehlt. 

 

Das (zumeist unbewusste) Leiden trifft zudem mehr Menschen als allgemein bekannt ist. Mit einem leichten Frauenüberschuss ist die Krankheit auf beide Geschlechter gleich verteilt, wobei eher jüngere Menschen (nicht selten bereits Jugendliche, die sich ohnehin öfter mit ihrem Körper beschäftigen) davon betroffen sind, wobei das Leiden (wenn überhaupt) zumeist erst nach vielen Jahren diagnostiziert wird. Dies liegt daran, dass die Betroffenen ihre Beschwerden nicht gerne zugeben und sich nicht an der richtigen Stelle (Psychiatrie) behandeln lassen. Interessant ist auch ein Zusammenhang mit bestimmten gesellschaftlichen Einflüssen z.B. "Dekadenz" der modernen "Westlichen Welt" , die sich nicht nur in Eitelkeit und Maßlosigkeit zeigt. Ein ganz besonderes Alarm-Signal ist das Streben nach besagter "Selbstoptimierung " bei sehr jungen Menschen (unter 25 Jahren).

Bereits der ungarische Philosoph, Literaturwissenschaftler und Literaturkritiker Georg Lukács (György Lukács de Szeged) (1885-1971) bezeichnete die westliche Moderne als dekadent. In „Die Zerstörung der Vernunft“ nennt Lukács als Wesenszeichen der Dekadenz das „Schwanken zwischen feinstem Nuancensinn, wählerischster Überempfindlichkeit und plötzliche hervorbrechender, oft hysterischer Brutalität".

 

Dazu sollte man wissen, dass Dekadenz mit der Zunahme und Ausbreitung schwerwiegender Persönlichkeitsstörungen sowie mit einer steigenden Zahl psychischer Erkrankungen wie auch KDS einhergeht (siehe dekadente Persönlichkeiten) , woran degenerierende Entwicklungen in Staat und Gesellschaft zugleich erkannt werden können.

 

In aktuellen Zeiten kann eine deutliche Degenerierung unserer Gesellschaft in Richtung Dekadenz auch über den "Schönheitswahn" festgestellt werden - und es hat den Anschein, als seien sich nicht wenige Menschen der "Normalität" ihrer selbst überdrüssig. Als irrsinnige Reaktion streben sie nach Veränderung in Richtung Rückgang bzw. Rückschritt oder in Richtung Verstümmelung & Entstellung. Doch dies ist von KDS abzugrenzen, da hier ein sich wiederholender soziokultureller Prozess im Vordergrund steht, der sich aber eben auch auf das Individuum auswirkt. Insofern könnte man von einer erlernten bzw. sozialisierten Körperdysmorphen Störung sprechen. 

 

Die Amerikanische Psychiatrische Vereinigung (APA) listet die Körperdysmorphe Störung in ihrem diagnostischen und statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-IV) unter der Hauptgruppe der somatoformen Störungen als eigenständiges Leiden auf während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Körperdysmorphe Störung in ihrer internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) zusammen mit der Hypochondrie aufführt.

 

Menschen mit KDS bzw. Dysmorphophobie leiden an einer gestörten Selbstwahrnehmung (siehe Selbstbild-Fremdbild-Inkongruenz). Aufgrund ihres gestörten Selbstwertes oder falschen Feedbacks (z.B. durch Verkehren in falschen Kreisen) oder durch ein falsches Metabild (Annahme, wie Andere mutmaßlich über einen denken) und/oder durch Angst oder durch wahnhafte Einbildung haben sie ein falsches (gestörtes) Bild von sich selbst. Die wahnhafte Überzeugung, man sei von einem körperlichen Defekt betroffen, obwohl das Aussehen völlig im Rahmen des Normalen liegt oder gar sehr ästhetisch und ansprechend ist, kommt zusammen mit dem Hang bis Zwang nach Veränderung und dem Ausweichen vor anderen. Typisch ist, dass nur einzelne Körperteile als Makel wahrgenommen werden.

 

Menschen mit KDS strahlen ihre wahnhafte Überzeugung und entsprechende Scham oft mimisch, gestisch und sprachlich oder über ritualisierte Verhaltensweisen gegenüber Mitmenschen aus. Sie neigen zu Überreaktionen, da sie Nachrichten oft mit ihrem "Beziehungs-Ohr" (F. Schulz von Thun) dekodieren. Der Körper unterstützt körpersprachlich nicht das geringere Selbstwertgefühl.

 

Zu den ritualisierten Verhaltensmustern gehört auch das Überprüfen des Erscheinungsbildes in Spiegeln oder anderen reflektierenden Oberflächen, ebenso Vergleiche des eigenen Aussehens mit dem von anderen Personen. Dies - und das Vermeidungsverhalten - wirken sich störend auf die Betroffenen und ihr Umfeld aus, ggf. auch auf das Verhalten. Ggf. führt Vermeidungsverhalten zu begrenzten sozialen Kontakten, ggf. auch zur Abgrenzung von sozialen Beziehungen.

 

Nach Price (1999) liegt ein verändertes Körperbild dann vor, wenn individuelle und soziale Copingstrategien zur Veränderung der Körperrealität, des Körperideals und der Körperrepräsentation durch Verletzung, Erkrankung oder Behinderung oder soziale Stigmatisierung unwirksam oder überfordert werden. Sofern sich die Störung zu einem Wahn entwickelt, wird niemand die Betroffenen davon abbringen bzw. umstimmen können. Die angenommene Fremdwahrnehmung verhärmt sich. Zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung klafft eine Lücke.

 

Oft fühlen sich die Betroffenen von anderen (z.B. in der Öffentlichkeit) angestarrt und fürchten, die vermeintliche Entstellung gebe anderen Anlass zu Ablehnung, Verachtung oder anderen negativen Bewertungen. Aufgrund der befürchteten "Hässlichkeit" des eigenen Körpers ist es für Betroffene oftmals schwierig bis unmöglich, sich mit als attraktiv empfundenen Personen zu unterhalten und eine normale bzw. gesunde Liebesbeziehung zu führen. Für die Partner der Betroffenen ist die Störung und das daraus resultierende Verhalten und Vermeidungsverhalten sowie die daraus resultierenden Gefühle und Stimmungen oft unerträglich. 

 

Wie eine Metaanalyse der kognitiv-behavioralen Psychotherapie-Resultate (aus acht Fallserien und zwei kontrollierten Untersuchungen) ergab, ist eine Behandlung angeblich durch kognitive Verhaltenstherapie und Verabreichung von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wirksam. Fluoxetin soll in der Monotherapie ebenso gut ansprechen wie Escitalopram. Auf jeden Fall lohnt sich die Konsultation eines entsprechenden Facharztes (Psychiater), eine psychotherapeutische Behandlung und/oder ein Coaching (Selbstwert-Coaching). 

 

Die Konfrontation mit der Realität ist ebenfalls einen Versuch wert. Bei schwach ausgeprägter Störung kann sie gut helfen, sofern sie nicht bereits im Ansatz abgeschwächt wird bzw. auf Wunsch des Betroffenen oder seiner Angehörigen abgeschwächt werden soll. Bei einer wahnhaften Störung bzw. einem Wahn wird jedoch die Realität negiert und abgewiesen, wobei den Feedbackgebern Inkompetenz oder Verschwörung (Verschwörungstheorien) zugedacht wird. Hier kann dann nur noch ein Psychiater helfen, zumindest dann, wenn die Einsicht zum Arztbesuch und zur Befolgung der verordneten Therapie vorhanden ist.  

Presse

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