Wissen: Die eigene Überzeugung

Unser Glaube und unsere Psyche bestimmt, was real ist

Definition "Überzeugung"

Als Überzeugung wird ein Inhalt bezeichnet, den man mit einem relativ hohen Grad an subjektiver Gewissheit glaubt. Die eigene Überzeugung wird zugleich als "Erkenntnis" erachtet und als Rechtfertigung für ein bestimmtes Verhalten genutzt. Dies kann jedoch zu Problemen führen. Warum dies so ist, erfahren Sie hier:

 

Jeder sieht das, was er sehen will
Jeder glaubt das, was er glauben will

Wie kommt es, dass sich mehrere Zeugenaussagen oft stark voneinander unterscheiden? Wie kommt es, dass zehn verschiedene Menschen ein und dasselbe Ereignis so schildern, als handle es sich um zehn verschiedene Begebenheiten?

Wie kommt es, dass unterschiedliche Entscheider (z.B. Personalentscheider oder Kunden) ein und denselben Bewerber bzw. ein und dasselbe Produkt völlig unterschiedlich beurteilen? Warum empfindet der eine etwas als "attraktiv", "schön" oder "interessant", was der andere als "uninteressant", "unattraktiv" oder gar "hässlich" empfindet? 

 

Jeder Mensch hat seine eigene Überzeugung

Tatsächlich ist es einfach so, dass jeder seinen eigenen Standpunkt und seine eigene Überzeugung vertritt, was stets subjektiv ist. Jeder sieht das Leben und seine Umgebung durch die Brille seiner eigenen Persönlichkeit. Diese "Brille" ist bei einigen "rosarot", bei anderen eher eine "tief schwarz". Dazwischen liegen Welten.

 

Eigentlich ist dies sehr einleuchtend und allseits bekannt, auch dass zwischen persönlicher "Meinung", "Wahrheit" und "Erkenntnis" stark differenziert werden muss. Trotzdem ist es erstaunlich, wie uneinsichtig Menschen in dieser Beziehung sind. Jeder hält sich nämlich selbst für objektiv.

 

Jeder hat nicht nur seine "eigene Meinung", sondern auch seine "eigene Wahrheit". Selbst das, was wir als "Erkenntnis" bezeichnen, ist letztendlich doch unsere ganz "eigene Erkenntnis", die sich von der anderer in vieler Hinsicht abgrenzt. Wir bemerken es nur nicht. Wir belächeln die andersartigen, gar "merkwürdig" oder "komisch" wirkenden Ansichten anderer, finden es aber gar nicht mehr so lustig, wenn unsere eigenen Überzeugungen ins Wanken geraten. 

 

Eher selten stellen wir uns die Frage: "Sehe ich mein Gegenüber eigentlich richtig?", "Entspricht das Bild, was ich von mir oder anderen habe, wirklich den Tatsachen?", "Ist mein Handeln oder mein Verdacht wirklich begründet?", "Wie kommt es, dass ich auf andere anders wirke, als ich eigentlich bin?" Eher stellen wir uns Fragen wie: "Warum beurteilen mich meine Mitmenschen so falsch?", "Warum lügt mein Gegenüber?", "Warum verhalten sich manche Menschen mit gegenüber  unfreundlich ?" 

 

Zusätzlich ist es so, dass sich unsere eigene Überzeugung nicht nur auf unsere Umwelt und auf unseren Verstand bezieht, sondern auch auf unsere Gefühle. Selbst das, was wir heute überzeugt als "Liebe" empfinden ist in so fern unsere ganz persönliche Überzeugung, die uns sehr häufig einen Streich spielt. Denn jeder hat den Hang, das, was er von sich selbst nicht kennt, in anderen wiederzufinden.

 

Ob ein anderer Mensch - z.B. der eigene Partner - wirklich der ist, für den wir ihn halten, zeigt sich erst dann, wenn die Beziehung über das erste Verliebtseins-Stadium hinaus ist und auch "schlechte Zeiten" gemeinsam erfolgreich bestritten werden. Vielleicht haben wir uns nur etwas vorgemacht, waren der sogenannten "Chemie" bzw. den chemischen Prozessen in unserem Nervensystem unterlegen (Neurowissenschaften) oder haben vielleicht nur den versteckten Teil unseres Selbst geliebt (Psychologie) oder sind gar Beobachtungsfehlern, Wahrnehmungsfehlern und Sinnestäuschungen unterlegen.

 

Das gilt z.B. für viele Beziehungen, die fulminant starten und dann erstarren oder umschwenken z.B. wenn der Partner sich aus angeblich "unerklärbaren" Gründen plötzlich "ändert". Dabei hat sich in Wahrheit ggf. nicht wirklich etwas geändert - nur das eigene Bild (bzw. die Vorstellung = Phantasie), das wir uns von ihm bzw. ihr gemacht haben, ist zerbröckelt. Ggf. ist nun der wirkliche Mensch zum Vorschein gekommen, so wie er wirklich ist, wie wir es aber nicht wahrhaben wollten.

 

Warum? Weil wir von unserem Bild von der Wirklichkeit stets fest überzeugt sind. Dabei projizieren wir zusätzlich Eigenschaften in uns und andere hinein: Eigenschaften, die wir selbst sehen wollen und wie wir sie am liebsten sehen möchten. In Wirklichkeit projizieren wir immer unsere eigenen Gedanke und unsere eigene Psyche.

 

Exkurs Projektionsfehler

Projektionsfehler ist ein persönlichkeitsbedingter Beurteilungsfehler, bei dem eigene Fähigkeiten, Absichten und Eigenschaften des Beurteilers den zu Beurteilenden zugeordnet werden. Der Projektionsfehler tritt auf, wenn wir unsere eigenen Ansichten auf andere Menschen projizieren.

 

Unser Glaube und unsere Psyche bestimmt, was real ist 

Unser Glaube und unsere Psyche bestimmt, was real ist und was nicht. Insofern leben wir zumeist in einer ganz persönlichen Traumwelt, ob wir das nun wahrhaben wollen oder eben nicht. Auf dieser Traumwelt besteht unsere subjektive "Erkenntnis" und "Überzeugung" davon, wie wir selbst und unsere Welt ist. Aus dieser "Traumwelt" wollen wir nur ungern herausgeholt werden. Daher werden wir zumeist erst sehr spät und manchmal leider zu spät durch bestimmte Ereignisse und unweigerliche Tatsachen in die Realität zurückgeholt.

 

Gehen wir noch einmal zurück zu den beispielhaften Fragen, die wir uns eingangs gestellt haben - und stellen wir weitere Fragen, z.B. diese hier: Wie kommt es, dass sich bei Gesangs-Casting-Shows Menschen vorstellen, die gar nicht singen können, jedoch genau vom Gegenteil fest überzeugt sind? Wie kommt es, dass sich Bewerber mit Bewerbungsunterlagen bewerben, die sie viel schlechter darstellen als sie eigentlich sind?

 

Wie kommt es, dass sich Jobsuchende bei der Stellenrecherche und Stellenauswahl oft exakt die Stellen heraussuchen, die am wenigsten zu ihnen passen und zudem die schlechtesten Chancen bieten während sie realistisch passende Traumstellen verschmähen und sie vielleicht gar nicht sehen? Wie kommt es, dass sich Menschen nach einer negativen Partnerschaft unbewusst wieder einen ähnlichen Partner suchen?

 

Der Grund liegt in komplexen Wahrnehmungs-Mechanismen und Denkprozessen in unserem Gehirn und natürlich auch in unserer Persönlichkeit. Komplexe Wahrnehmungsfehler und Wahrnehmungstrübungen und -verzerrungen durch Stress spielen hier eine ebenso große Rolle wie unser Glaube an unser eigenes Weltbild, von dem wir nur schwer loslassen.

 

Fast jeder kennt es: Man will zu einem Termin, ist spät dran, gerät in Hektik und unter Stress und findet z.B. seinen Autoschlüssel, sein Portemonnaie oder seine Brille nicht. Da wo die Dinge sonst liegen, liegen sie aber scheinbar nicht. Manchmal ist man felsenfest davon überzeugt, dass die Dinge weg sind. Nun kommt eine zweite Person hinzu und verweist darauf, dass die gesuchten Gegenstände z.B. direkt vor einem selbst liegen. Man selbst kann das kaum glauben, immerhin hat man genau dort bereits gesucht und sogar alles abgetastet.

 

Was passiert in derartigen Fällen? Unser Gehirn hat den gesuchten Gegenstand einfach ausgeblendet und eine neue Realität konstruiert. Für einen selbst ist der Gegenstand scheinbar nicht da. Ebenso der gesuchte Partner oder die Traumstelle. Beide sind vielleicht sogar direkt vor uns. Wir sehen sie aber nicht. Wir sehen nur das, was wir sehen wollen - und das, was für uns gerade wichtig ist (siehe Selektive Wahrnehmung)

 

Neben derartigen - völlig alltäglichen - (zumeist merken wir so etwas gar nicht) Wahrnehmungsfehlern unserer Denk-Matrix kommt ergänzend hinzu, dass aufgrund der jeweils individuellen Persönlichkeitsstruktur jeder seine Umgebung und die Dinge, die ihm begegnen durch die subjektive Brille seiner eigenen Persönlichkeit sieht. Diese "Brille" ist bei einigen "rosarot", bei anderen eher ein "tief schwarz". Dazwischen liegen jedoch Welten, die man selbst einfach nicht sehen kann.

 

Während man aufgrund von Hektik und / oder Stress und /oder mangelnder Achtsamkeit oder eines Wahrnehmungsfehlers, einer Störung folgerichtiger Denkprozesse, einer Wahrnehmungsstörung oder ggf. sogar einer psychischen Störung seinen Schlüssel, seine Traumstelle etc. unter bestimmten Lebens- und Wahrnehmungsprozess-Umständen einfach nicht sehen kann (oder nicht sehen will), sucht man sich - ähnlich wie bei dem "Gesetz der Anziehung" - gerne immer wieder die gleichen (ggf. negativen, kaputten) Umstände, Partner, Stellen, Arbeitgeber, Orte etc. und macht dann natürlich wieder im Anschluss die gleichen Erfahrungen.

 

Dieses Phänomen lässt sich ganz einfach erklären: Unser Gehirn arbeitet nach einer sehr pragmatischen Logik, die stets danach strebt, Bestätigung zu suchen und zu finden. Schließlich wollen wir nichts zulassen, was unser eigenes "Weltbild" und unseren Glauben in Frage stellt oder gar "gefährden" könnte.

 

Wenn wir z.B. Negatives erfahren haben (z.B. einen randalierenden Alkoholiker als Partner oder eine Arbeitsstelle, in der wir unglücklich sind), suchen wir uns - wenn auch unbewusst - auch wenn wir das nicht wollen - geradewegs wieder genau so einen Partner und gleiche oder ähnliche Lebensumstände, damit wir die Bestätigung finden, dass das eben so ist. Wir suchen nach Bestätigung der Korrektheit. Denn Korrektheit ist eines unserer wichtigsten Grundmotive

 

Hinzu kommt, dass wir einfach bestimmten Mustern folgen. Irgendwann werden diese Muster zu einer inneren Überzeugung, die zugleich unsere eigene Wahrheit und Lebensrealität wird. Darauf basiert dann die Stellung unserer Wahrnehmungs- und Denkweichen - und eben jede noch so kleine Entscheidung, die darauf basiert. Andere können uns nur sehr schwer davon abbringen. In schweren Fällen bauen wir diesen Menschen gegenüber sogar regelrechte Feindbilder auf. Damit wird jeder Rat von vorne herein zwecklos. 

 

Ob nun im positiven oder negativen Sinne. In der Realität projizieren wir immer unsere eigene Psyche. Unsere Psyche bestimmt, was real ist und was nicht. In so fern leben wir zumeist in einer ganz persönlichen Traumwelt, ob wir das nun wahrhaben wollen oder eben nicht. Aus dieser "Traumwelt" wollen wir nur ungern herausgeholt werden. Daher werden wir zumeist erst sehr spät und manchmal leider zu spät durch bestimmte Ereignisse und unweigerliche Tatsachen in die Realität zurückgeholt. 

 

Wahn-Überzeugungen und fixe Ideen

Manchmal entwickeln sich aus eigenen Überzeugungen heraus fixe Ideen und regelrechte Wahngedanken.

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