Wissen: Traumatische Erinnerungen

Traumatische Erinnerungen

Es gibt verschiedene Arten von Erinnerungen, aber eine ist besonders einzigartig: Die traumatische Erinnerung. Diese kann starke negative Emotionen hervorrufen, wobei die Emotionen, Empfindungen und Reize, die mit dieser Erinnerung verbunden sind, jederzeit ausgelöst werden können, was zu einer diffusen Angst bei den Betroffenen führt.

 

Bei manchen Menschen sind die Auswirkungen bzw. Folgewirkungen einer traumatische Erfahrung derart stark, dass sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden.

 

Bei all diesen Menschen geht es um Erlebnisse oder Erfahrungen, die sie zuvor nie erlebt haben und sie sie nach ihrer entsprechenden Erfahrung nicht adäquat verarbeiten konnten, da sie aufgrund eines Schocks unfähig waren oder sind, sich mit ihren Erinnerungen zu konfrontieren und entsprechend auseinanderzusetzen, weshalb sich daraufhin intrusive Symptome (wiederkehrende und angsterfüllte Erinnerungen, Träume, Albträume, Dissoziationen, vorübergehender Bewusstseinsverlust, psychisches Unwohlsein, Vermeidung aller Situationen, die auch nur die geringste Beziehung zu diesem Erlebnis haben und intensive physiologische Reaktionen) zeigen, die mit dem traumatischen Erlebnis in Zusammenhang stehen.

 

Intrusiv kommt von Intrusion. Damit bezeichnet man in der Psychotraumatologie das häufig durch einen Schlüsselreiz (Trigger) unkontrollierbar wiederkehrende, quälend ins Bewusstsein drängende Wiedererinnern und Wiedererleben von traumatischen Ereignissen und Situationen oder Beschäftigen mit damit in Verbindung stehenden, ungeklärten schmerzhaften Fragen und Gedanken, die durch die tiefe seelische Erschütterung durch das Trauma oder die dadurch zerstörten Grundüberzeugungen aufgeworfen wurden.

 

Dabei werden in der Regel auch die mit diesem Ereignis verbundenen, belastenden emotionalen Zustände reaktiviert. Intrusionen können auch unerwartet und ohne bewusst wahrnehmbaren (‚subliminalen‘) äußeren Schlüsselreiz (Trigger) auftreten und entziehen sich der willentlichen Kontrolle, weshalb sie emotional und physiologisch sehr belastend sind und mit vegetativer Übererregung (Hyperarousal) und starker Stressbelastung, Herzrasen, oft auch Schweißausbrüchen, Atembeschwerden, Zittern bis hin zu Panikattacken und Angina Pectoris verbunden sind.

 

Im Gegensatz zu einem sogenannten Flashback, der eine besonders heftige Form der Intrusion darstellt und bei der der Betroffene plötzlich und mit voller Wucht ganz und gar in das Wiedererleben der traumatischen Situation hineingerissen und überwältigt wird und sie nochmals mit allen Sinneseindrücken durchlebt, als würde sie gerade erneut real stattfinden und dabei die Umgebungswahrnehmung, Ansprechbarkeit und Realitätskontrolle zeitweise völlig verliert, kann der Betroffene bei einer Intrusion die Umgebungswahrnehmung, Ansprechbarkeit und Realitätskontrolle zumeist noch eingeschränkt aufrechterhalten.

 

Intrusionen entziehen sich der willentlichen Kontrolle und überwältigen die betroffene Person, die so immer wieder in die traumatischen Ereignisse hineingezogen wird und diese vollständig oder in wesentlichen Teilaspekten mit vielen Einzelheiten quälend wiedererlebt. Dieses Wiedererleben kann Gedanken, Bilder, andere Sinneswahrnehmungen, wie Geräusche, Sprache, Schreie, Gerüche, Geschmack, Schmerzen und andere Körperempfindungen und Wahrnehmungen, sowie Emotionen umfassen, wobei die verschiedenen Sinnesmodalitäten unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Kinder können das traumatische Geschehen dabei im Spiel reinszenieren. Dabei kann der Betroffene das Auftreten und den Ablauf einer Intrusion nur sehr beschränkt beeinflussen. Häufig wechseln sich Intrusion und emotionale Taubheit ab.

 

 

Eines der diagnostischen Kriterien im DSM-V (Diagnostischer und statistischer Leitfaden psychischer Störungen) für die Diagnose einer PTBS ist die Unfähigkeit, sich an bestimmte relevante Aspekte des traumatischen Ereignisses zu erinnern. Dieses Symptom wird auch als dissoziative Amnesie bezeichnet. Obwohl es scheint, als wären die Erinnerungen überhaupt nicht vorhanden, schlummern sie tief in den Betroffenen und können deren Gefühle und Verhalten erheblich beeinflussen (z.B. durch Vermeidung von Orten, die mit der unbewussten Erinnerung an das verdrängte Erlebnis in irgendeinem Zusammenhang stehen, obwohl es keine bewusste Erinnerung an das konkrete traumatische Ereignis gibt).

 

 

Zu den häufigsten Symptomen, die  Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung am meisten beeinträchtigen, zählen Vermeidungsverhalten, Unterdrückung von Emotionen, Hyperaktivierung, das Wiedererleben von Ereignissen und intrusive Erinnerungen. Darüber hinaus erleben die Betroffenen bei den letztgenannten Symptomen das traumatische Erlebnis trotz Erinnerungslücken erneut. Das Wiedererleben bestimmter Details oder einzelner Szenen des Ereignisses kann in Form von Albträumen, intrusiven Erinnerungen oder Flashbacks (Rückblenden) erfolgen, die weder kontrolliert noch verhindert werden können.

 

Bei diesen Flashbacks handelt es sich um keine Erinnerungen wie dies bei Intrusionen der Fall ist. Wenn jemand einen Flashback erlebt, verliert er dabei jegliches Zeitgefühl. Für die Betroffenen fühlt es sich so an, als würden sie das traumatische Erlebnis erneut durchleben. Dies kann selbst auf Basis kleinster neutrale Reize auftreten.

 

Eine posttraumatische Belastungsstörung hat zudem Auswirkungen auf das Gehirn der Betroffenen. Es kann passieren, dass sie eine Amnesie (Gedächtnisverlust) erleiden, welche eine Desorganisation oder Fragmentierung des Gedächtnisses oder ein komplettes oder partielles Vergessen zur Folge haben kann. Durch eine PTBS kann allerdings auch eine Hypermnesie (verstärkte Erinnerungsfähigkeit) auftreten, bei der es zu intrusiven Erinnerungen, Flashbacks und Albträumen kommt.  Amnesie und Hypermnesie können auch gleichzeitig auftreten, was davon abhängt, was der Betroffene konkret erlebt und vergessen hat.

 

 

 

 

Das normale Abrufen traumatischer Erinnerungen ist sehr schwer. Denn es ist unmöglich, schreckliche Erlebnisse in normale Glaubens-, Anschauungs- und Bedeutungssysteme zu integrieren, weshalb sich traumatische Erfahrungen auf andere Weise abspeichern, was dazu führt, dass sie sich vom Bewusstsein trennen und die Erinnerungs-Fragmente außerhalb der Kontrolle an den Rändern des Bewusstseins abgelegt werden, wobei sich eine zeitliche Distanz auf das Erinnerungsvermögen positiv auswirken kann.